Marzipan
Wie vielleicht schon erwähnt, Weihnachten war in unserem Hause immer “The Big Thing”.
Nicht, das es übermässig opulent war, mit teuren Geschenken, jährlich wechselnder Deko, Hummer und Kaviar, nein, es war nur ein wirkliches, heiliges, sehnsüchtig erwartetes Fest, auf das wir uns von Herzen und mit Inbrunst freuten und vorbereiteten!
Da ich eine sehr kreative Mutter hatte, kauften wir nicht etwa jedes Jahr neuen Christbaumschmuck, Kekse, Musik und Catering in irgendwelchen Geschäften ein, sondern fast alles war homemade.
Nun, das Hendl für den Geflügel- und die Bismarck-Heringe für den Heringsalat hatten wir natürlich nicht selbst gezüchtet…!
Wochen davor wurde begonnen, auf Geige und Flöte (mit mehr oder weniger Konsequenz -ich geb’s zu!) Weihnachtsmusik einzustudieren, es wurden Sterne und anderes gebastelt, genäht und, meine Lieblings-Domäne, gebacken.
(Unlängst habe ich gelesen, dass in Umfragen heraus gekommen ist, dass sich Menschen eher nicht über Selbstgebasteltes freuen und, Überraschung!!, Geldgeschenke ganz und gar nicht geschmack,-ideen-oder lieblos finden.. es hat mir kurz einen Stich gegeben, aber dann hat die Ratio meinem nostalgischen, sensiblen Herz zugeraunt: Ja, in der Tat, manches Selbstgebastelte ist nun mal nicht immer brauchbar und ja, Geld stinkt einfach nicht...)
Doch zurück zur Geschichte: Als nach langen Abenden in der Küche Kekse und Lebkuchen endlich unter Dach und Fach waren, schritt meine Mutter mit letzter Kraft und starkem Willen zur Marzipan-Produktion.
Sie hielt daran fest, auch wenn es Mühe bedeutete, denn es erinnerte sie an ihre Kindheit, an ihre verlorene Heimat, an Ostpreussen!
Königsberg, die ehemalige Hauptstadt Ostpreussens (heute Kaliningrad in Russland), Heimat von Kant und Kopernikus, teilt sich ja bekannterweise mit Lübeck das ‘Patent’ auf Marzipan.
Beides waren Hansestädte, die eine im Westen, die andere im Osten Deutschlands, in denen der Handel blühte und sie waren die ersten, die das ‘Marci Panis’, das Brot des Markus, dem Schutzheiligen von Venedig, in nördliche Gefilde brachten und sich das Rezept zu eigen machten.
Warum nun Venedig? ‘La Serenissima’, die Republik Venedig, einflussreiche See- und Wirtschaftsmacht, hatte in Alexandria, in Konstantinopel und in einigen margrebinischen Städten ihre Kaufmannskolonien, und importierte eifrig Gewürze und vieles anderes aus aller Herren Länder.
Unter anderem auch Rosenwasser der Damaszener Rose, in fast allen arabischen Süssigkeiten vertreten, und süsse Mandeln. Diese beiden Zutaten wurden mit Zucker zu einer feinen Paste zerstossen, das Marzipan hatte seinen Weg nach Mitteleuropa gefunden. Man liess sich diese ausserordentliche, exotische, unendlich kostbare Leckerei weiter an die Fürstenhöfe liefern, bis dann eben tüchtige Geschäftsmänner die Idee hatten, selber Hand an zu legen.
So hatte diese arabische Spezialität ihren Weg in unsere Weihnachtsgebräuche und Keksteller gefunden. Ein weiterer Beweis, dass Globalisierung keineswegs eine Erfindung der letzten Jahre oder Jahrzehnte ist!
Und hier das ganz einfache Rezept:
- So viel Staubzucker wie geriebene Mandeln (zum Beispiel jeweils 300 Gramm)
- Rosenwasser
- Schale einer Zitrone
- 2-3 Tropfen Mandelaroma
- weiters Schokoladeglasur und Walnüsse zum Dekorieren
Zubereitung:
Die frisch abgezogenen (geschälten) Mandeln und den Staubzucker am besten mit Hilfe einer Küchenmaschine vermischen und zu einer Paste kneten: Das geschieht unter Beigabe des Rosenwassers, ca. 1-2 Esslöffel.
Mit einem Sparschäler die Zitronen schälen und diese Schalenstückchen einkneten.
Über Nacht in Folie gewickelt ziehen lassen.
Am nächstenTag die Zitronenschalen entfernen.
Mithilfe von gesiebtem Staubzucker ausrollen, ca. 1-1,5 cm hoch.
Mit kleinen Förmchen ausstechen (Photo).
In Schokolade (Siehe Tipp weiter unten) tunken, mit Walnuss-Stücken dekorieren.
TIPP:
1. Ich kaufe immer die ungeschälten Mandeln und enthäute sie selber. Dazu Wasser aufkochen lassen, die Mandeln rein, nach einer Minute abseihen und sie lassen sich leicht schälen.
2. Persische Läden führen das beste und frischeste Rosenwasser. Man kann es auch in der Apotheke bestellen. Dazu sagen, dass es für Marzipan ist, ich habe mal Rosenöl für kosmetische Zwecke bekommen und wir haben’s erst bemerkt, als unsere Mandelmasse so komisch seifig schmeckte…
3. Ich schäle mir die Nüsse zum Dekorieren selber, denn die aus dem Päckchen sind immer schon ein wenig abgestossen. Das ist natürlich nur ein ästhetischer Faktor, aber wir essen ja mit den Augen!
4. Schokoladenglasur: Ich schmelze 300 Gramm Schoko im Wasserbad und gebe ein, zwei El Kokosfett dazu.
5. Nicht jeder hat solch kleine Ausstech-Formen, daher kann man das Marzipan auch ausrollen und in kleine Quadrate oder Dreiecke schneiden oder auch kleine Kugeln formen. Wichtig ist, dass es schön aussieht und klein ist. Wer will schon riesige Marzipan-Trümmer in seinem Mund haben!?
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